Donnerstag, 23.05.2024 17:54 von Thomas Grüner | Aufrufe: 1040

Grüner Fisher: "Ein bedeutungsloser Rekord"

Letzten Donnerstag hat der Dow Jones Industrial Average zum ersten Mal die Marke von 40.000 Punkten erreicht – herzlichen Glückwunsch! Der US-Aktienindex ist historisch bedeutsam, erfreut sich auch bei deutschen Anlegern großer Beliebtheit...

Dow Jones erreicht Meilenstein

Letzten Donnerstag hat der Dow Jones Industrial Average zum ersten Mal die Marke von 40.000 Punkten erreicht – herzlichen Glückwunsch! Der US-Aktienindex ist historisch bedeutsam, erfreut sich auch bei deutschen Anlegern großer Beliebtheit und schafft es immer wieder in die vordersten Schlagzeilen. Trotzdem gilt es festzuhalten: Dieser Meilenstein ist bedeutungslos.

Der US-Aktienmarkt ist viel mehr

Oft wird der Dow Jones als Synonym für den US-Aktienmarkt benutzt. Er umfasst allerdings nur 30 Aktien, diese Zahl repräsentiert etwa 0,9 Prozent der investierbaren US-Aktien. Von elf Sektoren werden nur neun abgedeckt, Versorger und Immobilien bleiben komplett außen vor. Im Index befindet sich eine einzige Bank, ein Energieunternehmen, ein Unternehmen aus dem Bereich Grundstoffe und die Kommunikationsdienste schließen die Tech-ähnlichen Unternehmen aus, die dem Sektor auf breiter Ebene Aufwind verschafft haben. Wäre der Dow Jones ein Portfolio, müsste sich sein Manager den Vorwurf der mangelnden Diversifikation gefallen lassen.

Der größte Mangel besteht allerdings darin, dass der Dow Jones ein preisgewichteter Index ist. Der Aktienkurs ist also ausschlaggebend für die Indexgewichtung, nicht die tatsächliche Unternehmensgröße. Mit einer Gewichtung von über acht Prozent ist die UnitedHealth Group der größte Bestandteil im Index. Aber eben nicht, weil sie ein derartiges Schwergewicht bei der Marktkapitalisierung ist, sondern weil eine Aktie über 500 US-Dollar kostet. An zweiter Position folgt Goldman Sachs mit einer Gewichtung von 7,5 Prozent, denn eine Aktie kostet aktuell rund 470 US-Dollar. Im S&P 500 Index, der nach Marktkapitalisierung gewichtet ist, macht UnitedHealth nur etwa 1,0 Prozent aus, Goldman Sachs 0,3 Prozent. Derartige Merkwürdigkeiten finden sich auf der gesamten Liste der Dow-Jones-Komponenten.

Die Kursgewichtung ist nutzlos

Der Preis einer Aktie sagt natürlich nichts über die Größe und den Einfluss des Unternehmens aus. Warum wird der Dow Jones also derart kurios berechnet? Dies hat historische Gründe – im 19. Jahrhundert war der Aktienkurs die am leichtesten verfügbare Information, es war somit relativ einfach, den Index zu berechnen. Mit den heutigen Rechenkapazitäten ist dieses Thema vom Tisch, allerdings hat sich die Berechnungsmethode bis zum heutigen Tag gehalten. Sozusagen ein Relikt aus vergangenen Tagen, das nie wirklich in Frage gestellt wird – eine faszinierende Geschichte.

Fazit

Um die Entwicklung des US-Aktienmarkts zu beschreiben, braucht es ein breiteres Maß als eine Auswahl von 30 Aktien, die etwas willkürlich zusammengesetzt sind und preisgewichtet in den Index eingehen. In dieser Hinsicht ist der Dow Jones Industrial Index ebenso historisch wertvoll wie kurios! Einen Sachverhalt zeigt er allerdings zuverlässig auf, und das ist die Macht des Zinseszinseffekts am Aktienmarkt. Die erste Tausenderzahl wurde 1972 erreicht, also etwa ein Dreivierteljahrhundert nach dem Berechnungsstart. Die nächste Marke kam viel schneller, nämlich 2.000 Punkte im Jahr 1987. Als 1999 die 10.000 Punkte erreicht wurden, waren die Anleger von den Tausenderschritten längst gelangweilt. Naturgemäß bedurfte es immer weniger Rendite, um die nächste Tausendermarke zu erreichen, weshalb lediglich die 10.000er-Zahlen im Fokus verblieben. Bis zur jüngst erreichten 40.000er-Marke. Aber es bleibt dabei: Der Dow Jones ist ein Beispiel dafür, wie man einen Aktienindex in der heutigen Zeit nicht mehr konstruieren sollte, wenn man marktgewichtete Überlegungen anstellen will.


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Grüner Fisher Investments
Thomas Grüner ist Firmengründer und Vice Chairman der Vermögensverwaltung Grüner Fisher Investments GmbH. Seine oft dem allgemeinen Marktkonsens entgegen stehenden Prognosen sorgten schon mehrfach für großes Aufsehen. In den letzten Jahren hat er - teils gemeinsam mit Kenneth L. Fisher, dem Gründer von Fisher Investments - zahlreiche Beiträge und Kolumnen in diversen Finanzmagazinen, Zeitungen und Finanz-Websites veröffentlicht. Die zusammen mit Ken Fisher weiterentwickelten Research- und Prognosetechniken sind Basis des innovativen Investmentansatzes von Grüner Fisher Investments. Weitere Informationen unter http://www.gruener-fisher.de.
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